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25.08.2022 14:00 Uhr | Quelle: WahreTabelle

Schiedsrichterball: Aller guten Dinge sind drei

Abseitssituationen im Fokus

Johannes Gründel
Johannes Gründel
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Quelle: imago images
Schiedsrichter Martin Petersen (l.) im Einsatz.

Johannes Gründel
Johannes Gründel

Es scheint so etwas wie das Leitthema des Saisonbeginns zu sein: Mögliche Abseitsvergehen in der Nähe des Torhüters. Am 1. Spieltag gab es das aberkannte Tor der Schalker in Köln, weil Maya Yoshida zwischen Ball und Torhüter in der verbotenen Zone stand. Am 2. Spieltag zählte das 3:1 der Dortmunder in Freiburg, obwohl sich Youssoufa Moukoko im Abseits befand und sich aktiv in die Schussbahn begab – eine Fehlentscheidung, wie auch der DFB im Nachhinein kommunizierte. Am Wochenende zählte dann der Ausgleich der Kölner in Frankfurt nach minutenlanger Überprüfung, obwohl sich Florian Dietz im Abseits befand und der Ball ebenfalls knapp an seinem Fuß vorbeiflog. Nachvollziehbarerweise war das Geschrei groß. Anlass genug für einen Versuch, die Struktur der Abseitsvergehen im Sichtbereich des Torhüters zu erläutern.

3. Spieltag: Alle strittigen Szenen und Korrekturen im Überblick

Mehrere verschiedene Regelgrundlagen

Wichtig für das Verständnis ist es, sich bewusst zu machen, dass es für Abseitsvergehen im Sichtbereich des Torhüters mehrere verschiedene Regelgrundlagen gibt. Zum einen greift ein Spieler strafbar ein, wenn er einen Gegner daran hindert, den Ball zu spielen oder spielen zu können, indem er ihm die Sicht versperrt. Zum anderen greift er auch strafbar ein, wenn er eindeutig versucht, den Ball zu spielen und mit dieser Aktion einen Gegner beeinflusst. Zum dritten gibt es noch den Auffangtatbestand, wonach ein Spieler strafbar eingreift, wenn er eindeutig aktiv wird und so die Möglichkeiten des Gegners, den Ball zu spielen, beeinflusst. Die letzte Konstellation soll an dieser Stelle aus Platzgründen und wegen Überschneidungen zur zweiten Konstellation nicht weiter interessieren.

Sichtversperren nur in der Sichtlinie

Für die erste Konstellation muss der abseitsstehende Angreifer dem Gegenspieler die Sicht versperren. Hierfür muss er sich in (oder zumindest ganz nahe) der Sichtlinie befinden. Damit ist die direkte Linie zwischen Ball und Augenpaar des Torhüters – und nicht das viel weitere Sichtfeld – gemeint. So war es am 1. Spieltag. Yoshida befand sich in der ursprünglichen Sichtlinie des Torhüters und zwang ihn damit zu einer „Verbiegung“, die seine Abwehrchancen verringerten. Beim Torhüter legt man die Voraussetzung „einen Gegner daran hindert, den Ball zu spielen oder spielen zu können“ recht großzügig aus. Faktisch genügt das Versperren der Sicht des Torhüters, außer vielleicht in Extremkonstellationen, in denen der Torhüter schon im anderen Eck liegt.

Aktive Aktion zum Ball setzt Chance, den Ball zu halten, voraus

Die zweite Konstellation, also der Versuch, den Ball zu spielen, wurde nachträglich ins Regelwerk eingeführt. Sie ist vor allem zum Schutz der Torhüter konzipiert und hat beispielsweise Situationen vor Augen, in denen eine Freistoßflanke immer länger wird, bei denen der Torhüter abwarten muss, ob der (abseitsstehende) Angreifer den Ball noch berührt oder nicht, und deshalb erst verzögert reagiert. Deshalb wird diese Regelung enger ausgelegt: Sie setzt eine (halbwegs) realistische Chance des Torhüters, den Ball zu halten, voraus. So war es am 2. Spieltag: Moukoko stand im Abseits und bewegte sich aktiv in die Flugrichtung, versuchte dabei den Ball zu spielen (andernfalls würde die dritte Konstellation greifen) und war dadurch bei einer möglichen Parade im Weg.

Was ist der maßgebliche Zeitpunkt beim Sichtlinienabseits?

Das bringt uns zur Szene vom 3. Spieltag: Dietz befand sich im Abseits, wich dem Ball aus und verdeckte damit kurz die Sicht von Torhüter Kevin Trapp. Doch dieses Versperren der Sicht erfolgte erst nach dem Schuss. Grundsätzlich gilt, dass der Moment des Schusses für das Sichtlinienabseits maßgeblich ist. Denn dort bestimmt sich die weitere Flugbahn des Balles, der im Laufe des Schussweges ja höchstens „flattert“, aber keine plötzliche Richtungsänderung vornimmt. Zudem würde es die Abseitsregel unangemessen weit gestalten, wenn jede kurze Sichtbehinderung im Laufe eines Torschusses ein Abseitsvergehen darstellen würde, auch wenn der Torhüter zu diesem Zeitpunkt schon in der Parade ist und sich die Sichtbehinderung deshalb nicht auswirken kann.

Die Szene in Frankfurt weist hier aber eine Besonderheit auf: Zwar versperrte Dietz Trapps Sicht nicht im Moment der Schussabgabe, allerdings – Trapps Aussage als wahr unterstellt – stand er genau in dem Moment in der Sichtlinie, als der Ball für den Torhüter das erste Mal zu sehen gewesen wäre. Denn beim Schuss standen ihm zwei Mitspieler in der Sichtlinie. Hier gibt es jetzt zwei Auslegungsmöglichkeiten: Zum einen kann man anführen, dass Dietz dadurch Trapp dabei behindert, die Flugrichtung des Balles so früh zu sehen, wie es ihm möglich ist, zumal die Verteidiger ihre Position auf dem Feld frei wählen dürfen. Zum anderen kann man aber auch argumentieren, dass die Sicht Trapps vor allem durch seine beiden Mitspieler verdeckt wurde, die sich bei der Schussabgabe genau in der Sichtlinie befanden. Für beide Sichtweisen lassen sich gute Argumente anführen. Ich kenne keine Referenzszenen, die solche Situationen betreffen. Es wird interessant zu sehen, welche Auslegungshinweise hierzu kommen. So bleibt zu hoffen, dass in den nächsten Wochen etwas Ruhe um die Abseitsregel einkehrt.

Es scheint so etwas wie das Leitthema des Saisonbeginns zu sein: Mögliche Abseitsvergehen in der Nähe des Torhüters. Am 1. Spieltag gab es das aberkannte Tor der Schalker in Köln, weil Maya Yoshida zwischen Ball und Torhüter in der verbotenen Zone stand. Am 2. Spieltag zählte das 3:1 der Dortmunder in Freiburg, obwohl sich Youssoufa Moukoko im Abseits befand und sich aktiv in die Schussbahn begab – eine Fehlentscheidung, wie auch der DFB im Nachhinein kommunizierte. Am Wochenende zählte dann der Ausgleich der Kölner in Frankfurt nach minutenlanger Überprüfung, obwohl sich Florian Dietz im Abseits befand und der Ball ebenfalls knapp an seinem Fuß vorbeiflog. Nachvollziehbarerweise war das Geschrei groß. Anlass genug für einen Versuch, die Struktur der Abseitsvergehen im Sichtbereich des Torhüters zu erläutern.

3. Spieltag: Alle strittigen Szenen und Korrekturen im Überblick

Mehrere verschiedene Regelgrundlagen

Wichtig für das Verständnis ist es, sich bewusst zu machen, dass es für Abseitsvergehen im Sichtbereich des Torhüters mehrere verschiedene Regelgrundlagen gibt. Zum einen greift ein Spieler strafbar ein, wenn er einen Gegner daran hindert, den Ball zu spielen oder spielen zu können, indem er ihm die Sicht versperrt. Zum anderen greift er auch strafbar ein, wenn er eindeutig versucht, den Ball zu spielen und mit dieser Aktion einen Gegner beeinflusst. Zum dritten gibt es noch den Auffangtatbestand, wonach ein Spieler strafbar eingreift, wenn er eindeutig aktiv wird und so die Möglichkeiten des Gegners, den Ball zu spielen, beeinflusst. Die letzte Konstellation soll an dieser Stelle aus Platzgründen und wegen Überschneidungen zur zweiten Konstellation nicht weiter interessieren.

Sichtversperren nur in der Sichtlinie

Für die erste Konstellation muss der abseitsstehende Angreifer dem Gegenspieler die Sicht versperren. Hierfür muss er sich in (oder zumindest ganz nahe) der Sichtlinie befinden. Damit ist die direkte Linie zwischen Ball und Augenpaar des Torhüters – und nicht das viel weitere Sichtfeld – gemeint. So war es am 1. Spieltag. Yoshida befand sich in der ursprünglichen Sichtlinie des Torhüters und zwang ihn damit zu einer „Verbiegung“, die seine Abwehrchancen verringerten. Beim Torhüter legt man die Voraussetzung „einen Gegner daran hindert, den Ball zu spielen oder spielen zu können“ recht großzügig aus. Faktisch genügt das Versperren der Sicht des Torhüters, außer vielleicht in Extremkonstellationen, in denen der Torhüter schon im anderen Eck liegt.

Aktive Aktion zum Ball setzt Chance, den Ball zu halten, voraus

Die zweite Konstellation, also der Versuch, den Ball zu spielen, wurde nachträglich ins Regelwerk eingeführt. Sie ist vor allem zum Schutz der Torhüter konzipiert und hat beispielsweise Situationen vor Augen, in denen eine Freistoßflanke immer länger wird, bei denen der Torhüter abwarten muss, ob der (abseitsstehende) Angreifer den Ball noch berührt oder nicht, und deshalb erst verzögert reagiert. Deshalb wird diese Regelung enger ausgelegt: Sie setzt eine (halbwegs) realistische Chance des Torhüters, den Ball zu halten, voraus. So war es am 2. Spieltag: Moukoko stand im Abseits und bewegte sich aktiv in die Flugrichtung, versuchte dabei den Ball zu spielen (andernfalls würde die dritte Konstellation greifen) und war dadurch bei einer möglichen Parade im Weg.

Was ist der maßgebliche Zeitpunkt beim Sichtlinienabseits?

Das bringt uns zur Szene vom 3. Spieltag: Dietz befand sich im Abseits, wich dem Ball aus und verdeckte damit kurz die Sicht von Torhüter Kevin Trapp. Doch dieses Versperren der Sicht erfolgte erst nach dem Schuss. Grundsätzlich gilt, dass der Moment des Schusses für das Sichtlinienabseits maßgeblich ist. Denn dort bestimmt sich die weitere Flugbahn des Balles, der im Laufe des Schussweges ja höchstens „flattert“, aber keine plötzliche Richtungsänderung vornimmt. Zudem würde es die Abseitsregel unangemessen weit gestalten, wenn jede kurze Sichtbehinderung im Laufe eines Torschusses ein Abseitsvergehen darstellen würde, auch wenn der Torhüter zu diesem Zeitpunkt schon in der Parade ist und sich die Sichtbehinderung deshalb nicht auswirken kann.

Die Szene in Frankfurt weist hier aber eine Besonderheit auf: Zwar versperrte Dietz Trapps Sicht nicht im Moment der Schussabgabe, allerdings – Trapps Aussage als wahr unterstellt – stand er genau in dem Moment in der Sichtlinie, als der Ball für den Torhüter das erste Mal zu sehen gewesen wäre. Denn beim Schuss standen ihm zwei Mitspieler in der Sichtlinie. Hier gibt es jetzt zwei Auslegungsmöglichkeiten: Zum einen kann man anführen, dass Dietz dadurch Trapp dabei behindert, die Flugrichtung des Balles so früh zu sehen, wie es ihm möglich ist, zumal die Verteidiger ihre Position auf dem Feld frei wählen dürfen. Zum anderen kann man aber auch argumentieren, dass die Sicht Trapps vor allem durch seine beiden Mitspieler verdeckt wurde, die sich bei der Schussabgabe genau in der Sichtlinie befanden. Für beide Sichtweisen lassen sich gute Argumente anführen. Ich kenne keine Referenzszenen, die solche Situationen betreffen. Es wird interessant zu sehen, welche Auslegungshinweise hierzu kommen. So bleibt zu hoffen, dass in den nächsten Wochen etwas Ruhe um die Abseitsregel einkehrt.

28.08.2022 10:31


jugtu


Eintr. Frankfurt-FanEintr. Frankfurt-Fan


Mitglied seit: 12.09.2021

Aktivität:
Beiträge: 1262

"Grundsätzlich gilt, dass der Moment des Schusses für das Sichtlinienabseits maßgeblich ist."

Wird auch durch das x-te wiederholen nicht wahrer...


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