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03.04.2013 08:29 Uhr | Quelle: WahreTabelle.de

Schiedsrichterball: Der Vorteil als Nachteil

Kolumne: Johannes Gründel erklärt in Schieds­richterball auf WahreTabelle.de das Regelwerk und strittige Szenen der Bundesliga.

Johannes Gründel
Johannes Gründel
Thorsten Kinhöfer
Quelle: GettyImages
Thorsten Kinhöfer war am Ostersonntag in Wolfsburg im Bundesliga-Einsatz

Johannes Gründel
Johannes Gründel

In der 65. Minute des Bundesligaspiels VfL Wolfsburg gegen den 1.FC Nürnberg (2:2) wurde am Ostersonntag im Zweikampf der beiden Torschützen Wolfsburgs Diego von Nürnbergs Timmy Simons gefoult. Da sich Diego aber auf den Beinen halten konnte, entschied sich Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer (Herne) folgenschwer für die Anwendung der Vorteilsregel. Diego ließ sich jedoch dazu hinreißen, mit seinem Arm Simons in den Bauch zu schlagen. Kinhöfer nahm diese Tätlichkeit – um die es im Folgenden gar nicht weiter gehen soll, da sie nach Sichtung der Kamerabilder eindeutig war – anscheinend nicht als solche wahr. Der Unparteiische wertete sie als Unsportlichkeit und entschied auf Freistoß für Nürnberg und Gelb gegen Diego. Der Knackpunkt in dieser Szene war jedoch die unglückliche Vorteilsanwendung.

Die Vorteilsregel findet ihre Grundlage darin, dass dem Schiedsrichter eingeräumt wird, bei jeglichem Vergehen Vorteil geben zu können. Bei der Entscheidung soll er Schwere und Ort des Vergehens, sowie die Erfolgsaussicht eines schnellen, gefährlichen Angriffes und die Spielatmosphäre berücksichtigen. Der Vorteil ist letztendlich die Situation, in der sich ein guter von einem sehr guten Schiedsrichter unterscheidet. Während Manuel Gräfe (Berlin) am Samstag beim 1:1 der Bremer in Mainz einen hervorragenden Vorteil gab, hatte Kinhöfer aufgrund von Diegos Unbeherrschtheit eher Pech. Die Szene an sich war durchaus gut geeignet für einen Vorteil oder zumindest die Anwendung des „verzögerten Pfiffs“ ("Zurückpfeifen" des Vorteils, sollte sich dieser nicht binnen 2-3 Sekunden verwirklicht haben). Diego, als Filigrantechniker ligaweit bekannt, hatte den Ball unter Kontrolle und war in der Vorwärtsbewegung. Das Spiel an sich war bis dahin fair (nur eine Gelbe Karte) und für den folgenden Ausbruch des Brasilianers gab es auch sonst keine Anzeichen.

Für Kinhöfer lag es also nahe, zumindest abzuwarten, ob sich denn einen Vorteil ergibt. Nach dem Schlag des Brasilianers hingegen unterbrach Kinhöfer das Spiel folgerichtig sofort. In dieser Situation wäre aber ein Freistoß für Wolfsburg richtig gewesen, da bei zwei Vergehen beider Teams - Simons' Foul und Diegos Tätlichkeit - immer das erste geahndet werden muss. Dass infolge dieses Freistoßes auch noch der 2:2-Ausgleich fiel, macht die Szene endgültig zum Albtraum eines jeden Schiedsrichters. Denn sie zeigt schön, wie sehr die Schiedsrichter gerade beim Vorteil immer wieder auf Glück angewiesen sind. Das Spielverständnis alleine – von dem jeder Bundesliga-Schiedsrichter eine ganze Menge besitzt – hätte die Vorteilsanwendung als sinnvoll angesehen. Auch die Tatsache, dass sich Diego zuvor schon mehrfach provozieren ließ, ändert diese Einschätzung nur geringfügig. Denn schließlich kann man gerade einem technisch so versierten Spieler nicht einfach pauschal das Recht auf den Vorteil nehmen, nur weil er sich ein paar Mal nicht im Griff hatte. Rückblickend betrachtet erwies sich hier aber aufgrund von Diegos Unbeherrschtheit der Vorteil als die falsche Entscheidung. Da hatte Kinhöfer einfach Pech.

In der 65. Minute des Bundesligaspiels VfL Wolfsburg gegen den 1.FC Nürnberg (2:2) wurde am Ostersonntag im Zweikampf der beiden Torschützen Wolfsburgs Diego von Nürnbergs Timmy Simons gefoult. Da sich Diego aber auf den Beinen halten konnte, entschied sich Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer (Herne) folgenschwer für die Anwendung der Vorteilsregel. Diego ließ sich jedoch dazu hinreißen, mit seinem Arm Simons in den Bauch zu schlagen. Kinhöfer nahm diese Tätlichkeit – um die es im Folgenden gar nicht weiter gehen soll, da sie nach Sichtung der Kamerabilder eindeutig war – anscheinend nicht als solche wahr. Der Unparteiische wertete sie als Unsportlichkeit und entschied auf Freistoß für Nürnberg und Gelb gegen Diego. Der Knackpunkt in dieser Szene war jedoch die unglückliche Vorteilsanwendung.

Die Vorteilsregel findet ihre Grundlage darin, dass dem Schiedsrichter eingeräumt wird, bei jeglichem Vergehen Vorteil geben zu können. Bei der Entscheidung soll er Schwere und Ort des Vergehens, sowie die Erfolgsaussicht eines schnellen, gefährlichen Angriffes und die Spielatmosphäre berücksichtigen. Der Vorteil ist letztendlich die Situation, in der sich ein guter von einem sehr guten Schiedsrichter unterscheidet. Während Manuel Gräfe (Berlin) am Samstag beim 1:1 der Bremer in Mainz einen hervorragenden Vorteil gab, hatte Kinhöfer aufgrund von Diegos Unbeherrschtheit eher Pech. Die Szene an sich war durchaus gut geeignet für einen Vorteil oder zumindest die Anwendung des „verzögerten Pfiffs“ ("Zurückpfeifen" des Vorteils, sollte sich dieser nicht binnen 2-3 Sekunden verwirklicht haben). Diego, als Filigrantechniker ligaweit bekannt, hatte den Ball unter Kontrolle und war in der Vorwärtsbewegung. Das Spiel an sich war bis dahin fair (nur eine Gelbe Karte) und für den folgenden Ausbruch des Brasilianers gab es auch sonst keine Anzeichen.

Für Kinhöfer lag es also nahe, zumindest abzuwarten, ob sich denn einen Vorteil ergibt. Nach dem Schlag des Brasilianers hingegen unterbrach Kinhöfer das Spiel folgerichtig sofort. In dieser Situation wäre aber ein Freistoß für Wolfsburg richtig gewesen, da bei zwei Vergehen beider Teams - Simons' Foul und Diegos Tätlichkeit - immer das erste geahndet werden muss. Dass infolge dieses Freistoßes auch noch der 2:2-Ausgleich fiel, macht die Szene endgültig zum Albtraum eines jeden Schiedsrichters. Denn sie zeigt schön, wie sehr die Schiedsrichter gerade beim Vorteil immer wieder auf Glück angewiesen sind. Das Spielverständnis alleine – von dem jeder Bundesliga-Schiedsrichter eine ganze Menge besitzt – hätte die Vorteilsanwendung als sinnvoll angesehen. Auch die Tatsache, dass sich Diego zuvor schon mehrfach provozieren ließ, ändert diese Einschätzung nur geringfügig. Denn schließlich kann man gerade einem technisch so versierten Spieler nicht einfach pauschal das Recht auf den Vorteil nehmen, nur weil er sich ein paar Mal nicht im Griff hatte. Rückblickend betrachtet erwies sich hier aber aufgrund von Diegos Unbeherrschtheit der Vorteil als die falsche Entscheidung. Da hatte Kinhöfer einfach Pech.

04.04.2013 17:42


Hagi01
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1. FC Nürnberg-Fan1. FC Nürnberg-Fan

Hagi01
Mitglied seit: 24.09.2012

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Beiträge: 6313

Dann frag ich Dich mal umgekehrt, woraus Du mit dem Regelwerk begründest, dass nicht das zuerst erfolgte Vergehen zu ahnden ist. Wenn Du dafür keine Regel findest, dann muss ja der Grundsatz "erstes Vergehen bestimmt die Spielfortsetzung" gelten. Vergehen von verschiedenen Teams haben wir ja offensichtlich.

Zudem werde ich morgen beim Lehrabend unserer SR-Gruppe mal beim Lehrwart und den höherqualifizierten Schiedsrichtern (Bayernliga) nachfragen, wie sie die Szene bewerten, okay?


Ceterum censeo bellum esse finiendum ☮️


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04.04.2013 13:53


ridicule
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1. FC Nürnberg-Fan1. FC Nürnberg-Fan


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Beiträge: 883

@ Hagi01

Bisher sind keine neuen Erkenntnisse dazugekommen.
Ok, von Deiner Seite wird die Situation anders bewertet, da wird auch kein Konsens mehr  daraus werden.

Zitat von Hagi01
...
Das ergibt sich aus dem Satz "Die Entscheidung zur Ahndung des ursprünglichen Vergehns ist innerhalb der nächsten Sekunden zu treffen" (S. 31, Grundlage für den verzögerten Pfiff) und vor allem aus der Tatsache, dass eine Ausnahmeregel vom Grundsatz (bei Vergehen beider Teams) "erstes Vergehen bestimmt die Spielfortsetzung" nicht existiert. Von daher ist der Grundsatz hier auch anzuwenden.


Die von Dir genannte Regelausführung von S.31 sowie "erstes Vergehen bestimmt die Spielfortsetzung" ist weder für diese Spielsituation relevant noch begründen sie keineswegs Deine vorherige Aussage "Es ändert aber nichts daran, dass die gültigen Regeln keine Ausnahme machen, wenn sich der Spieler durch eine Tätlichkeit selbst des Vorteils beraubt" (diese Regel gibt es nicht).  Es beschreibt lediglich die Vorgehensweise für die Vorteilsgewährung.
Hätte Spieler Diego 3 Sekunden gewartet, hätte sich daraus auch keine Andersbewertung der Spielsituation ergeben. Anders, wenn der Spieler Diego den Ball verliert und anschließend sich zu einer Tätlichkeit hinreißen lässt (innerhalb drei Sekunden).
Wäre, hätte, wenn,


Mehr gibt meines ermessens auch das Regelwerk bei korrekter und scharfer Anwendung nicht her.


Es gibt nur einen CLUB -Tradition und Leidenschaft ist nur zu ersetzen durch mehr Tradition und mehr Leidenschaft - die Leiden schafft


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04.04.2013 12:30


Hagi01
Hagi01

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Hagi01
Mitglied seit: 24.09.2012

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Beiträge: 6313

@ ridicule

Zitat von ridicule
Zitat von Hagi01
... die gültigen Regeln keine Ausnahme machen, wenn sich der Spieler durch eine Tätlichkeit selbst des Vorteils beraubt. ... die Regel ist da aber eindeutig.


BIlde mich gerne weiter, aber wo steht das in den Regeln in dieser Form?

Das ergibt sich aus dem Satz "Die Entscheidung zur Ahndung des ursprünglichen Vergehns ist innerhalb der nächsten Sekunden zu treffen" (S. 31, Grundlage für den verzögerten Pfiff) und vor allem aus der Tatsache, dass eine Ausnahmeregel vom Grundsatz (bei Vergehen beider Teams) "erstes Vergehen bestimmt die Spielfortsetzung" nicht existiert. Von daher ist der Grundsatz hier auch anzuwenden.
Zitat von ridicule
Zitat von Hagi01
...ich persönlich finde es aus praktischen Gründen sinnvoll...


Was ist Deiner Meinung daran praktisch?

Dass es eine klare, einfach verständliche Regel gibt: Erstes Foul zählt. Ganz einfach und das versteht selbst der besoffenste Zuschauer am Dorfsportplatz oder in der Kurve.


Ceterum censeo bellum esse finiendum ☮️


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