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11.05.2017 13:42 Uhr | Quelle: WahreTabelle

Schiedsrichterball: Zwei Kontakte

Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle das Regelwerk und strittige Fußball-Szenen. 

Johannes Gründel
Johannes Gründel
Griezmann_Antoine_ATL
Quelle: Imago Sportfoto
Hoppla, Monsieur Griezmann! Atléticos Superstar rutscht beim Elfmeter das Standbein weg. Regeltechnisch eine äußerst interessante Szene aus dem CL-Halbfinale gegen Real Madrid (2:1).

Johannes Gründel
Johannes Gründel

Es war ein schwieriges Spiel für Schiedsrichter Cüneyt Cakir am gestrigen Mittwoch. Der Final-Referee von 2015 hatte das Rückspiel zwischen den beiden Madrider Champions-League-Rivalen zu leiten und Atlético legte gegen Real los wie die Feuerwehr. Schon nach 15 Minuten verwandelte man einen Strafstoß zum 2:0, nur ein Tor fehlte noch zum „virtuellen Ausgleich“. Doch war bei diesem Strafstoß alles sauber? Die Flugbahn des Balles sah etwas komisch aus. Und tatsächlich: In der Superzeitlupe mit Vergrößerung auf den Schützen kann man erkennen, dass Antoine Griezmann den Ball beim Strafstoß zweimal berührt hat, zunächst mit dem wegrutschenden rechten Fuß und dann der eigentliche Stoß mit links.

Aus diesem Grund hätte der Treffer bei streng regeltechnischer Sicht nicht zählen dürfen. Dem Regelwerk liegt eine Basisannahme zugrunde: Bei einer Spielfortsetzung – außer dem Schiedsrichterball – darf man nicht einfach losdribbeln, sondern muss den Ball passen, schießen oder flanken. Deshalb steht bei den einzelnen Spielfortsetzungen in den Regeln 8, 13, 14, 15, 16, 17 ein Satz, nach dem der ausführende Spieler den Ball erst wieder berühren darf, wenn ihn ein anderer Spieler berührt hat. Andernfalls wird das Spiel mit einem indirekten Freistoß für die gegnerische Mannschaft wegen „Doppelberührung“ fortgesetzt. Dies gilt übrigens auch – und das ist gerade beim Strafstoß der deutlich häufiger auftretende Fall –, wenn der Ball vom Pfosten oder der Latte zum ausführenden Spieler zurückprallt. Sprich: Nachschießen darf der Schütze nur, wenn der Ball vom Torwart, nicht aber vom Torgestänge kommt. Dies mag nicht der Grundintention der Regel entsprechen, ist aber vom Wortlaut umfasst und auch nicht als Ausnahme „nach Sinn und Geist der Regeln“ (vgl. Regel 5) anerkannt.

Diesen „Sinn und Geist der Regeln“ kann man hier natürlich auch anwenden, wenn man die Entscheidung „retten“ möchte: Der Zweck des Verbots des Doppelkontakts ist eine Unterbindung von unlauteren Vorteilen des Schützen. Dieser konkrete Doppelkontakt gereicht Griezmann jedoch zum Nachteil, weil der Strafstoß unkontrolliert wird. Diese Argumentation lässt sich durchaus nachvollziehen. Man muss aber aufpassen, dass man nicht für jede subjektiv als Ungerechtigkeit empfundene Situation das Regelwerk einfach umkehrt: Auch für den Torhüter wird der Schuss dadurch unberechenbar und der Keeper kann – im Gegensatz zu Griezmann – nun wirklich nichts dafür, dass der Schütze ausrutscht. Es sei denn, es handelt sich um Marvin Hitz in Köln, aber das ist eine andere Geschichte.

Würde man hier vor dem „Sinn und Geist der Regeln“ den Treffer doch zählen lassen, würde man den Schützen dafür belohnen, dass er – salopp gesagt – „zu blöd zum Stehen“ ist. Das kann aber auch nicht der „Sinn und Geist der Regeln“ sein.

Zudem liegt die Wahrheit wohl doch woanders: Wie wohl alle anderen im Stadion konnte Cüneyt Cakir in Originalgeschwindigkeit den Doppelkontakt gar nicht wahrnehmen – und erst recht nicht mit der notwendigen Sicherheit. Ich will mir gar nicht vorstellen, was im Estadio Vicente Calderón los gewesen wäre, hätte Cakir deshalb den Treffer zum 2:0 aberkannt und das Spiel mit einem indirekten Freistoß für Real fortgesetzt. Diese Entscheidung hätte wohl niemand im ganzen Stadion, nicht mal die Mannschaft von Real, verstanden und Atleticos Trainer Diego Simeone hätte wohl den vierten Offiziellen aufgefressen. Der Rest des Spiels wäre für Cakir ein Spießrutenlauf geworden und die Stimmung wäre noch mehr hochgekocht, als es ohnehin schon der Fall war. Andererseits dürfte sich das für Cakir dann wohl wie ein normales Spiel am Wochenende anfühlen. Der Mann pfeift immerhin regelmäßig die Istanbuler Derbys in der türkischen Süper Lig…

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Aus diesem Grund hätte der Treffer bei streng regeltechnischer Sicht nicht zählen dürfen. Dem Regelwerk liegt eine Basisannahme zugrunde: Bei einer Spielfortsetzung – außer dem Schiedsrichterball – darf man nicht einfach losdribbeln, sondern muss den Ball passen, schießen oder flanken. Deshalb steht bei den einzelnen Spielfortsetzungen in den Regeln 8, 13, 14, 15, 16, 17 ein Satz, nach dem der ausführende Spieler den Ball erst wieder berühren darf, wenn ihn ein anderer Spieler berührt hat. Andernfalls wird das Spiel mit einem indirekten Freistoß für die gegnerische Mannschaft wegen „Doppelberührung“ fortgesetzt. Dies gilt übrigens auch – und das ist gerade beim Strafstoß der deutlich häufiger auftretende Fall –, wenn der Ball vom Pfosten oder der Latte zum ausführenden Spieler zurückprallt. Sprich: Nachschießen darf der Schütze nur, wenn der Ball vom Torwart, nicht aber vom Torgestänge kommt. Dies mag nicht der Grundintention der Regel entsprechen, ist aber vom Wortlaut umfasst und auch nicht als Ausnahme „nach Sinn und Geist der Regeln“ (vgl. Regel 5) anerkannt.

Diesen „Sinn und Geist der Regeln“ kann man hier natürlich auch anwenden, wenn man die Entscheidung „retten“ möchte: Der Zweck des Verbots des Doppelkontakts ist eine Unterbindung von unlauteren Vorteilen des Schützen. Dieser konkrete Doppelkontakt gereicht Griezmann jedoch zum Nachteil, weil der Strafstoß unkontrolliert wird. Diese Argumentation lässt sich durchaus nachvollziehen. Man muss aber aufpassen, dass man nicht für jede subjektiv als Ungerechtigkeit empfundene Situation das Regelwerk einfach umkehrt: Auch für den Torhüter wird der Schuss dadurch unberechenbar und der Keeper kann – im Gegensatz zu Griezmann – nun wirklich nichts dafür, dass der Schütze ausrutscht. Es sei denn, es handelt sich um Marvin Hitz in Köln, aber das ist eine andere Geschichte.

Würde man hier vor dem „Sinn und Geist der Regeln“ den Treffer doch zählen lassen, würde man den Schützen dafür belohnen, dass er – salopp gesagt – „zu blöd zum Stehen“ ist. Das kann aber auch nicht der „Sinn und Geist der Regeln“ sein.

Zudem liegt die Wahrheit wohl doch woanders: Wie wohl alle anderen im Stadion konnte Cüneyt Cakir in Originalgeschwindigkeit den Doppelkontakt gar nicht wahrnehmen – und erst recht nicht mit der notwendigen Sicherheit. Ich will mir gar nicht vorstellen, was im Estadio Vicente Calderón los gewesen wäre, hätte Cakir deshalb den Treffer zum 2:0 aberkannt und das Spiel mit einem indirekten Freistoß für Real fortgesetzt. Diese Entscheidung hätte wohl niemand im ganzen Stadion, nicht mal die Mannschaft von Real, verstanden und Atleticos Trainer Diego Simeone hätte wohl den vierten Offiziellen aufgefressen. Der Rest des Spiels wäre für Cakir ein Spießrutenlauf geworden und die Stimmung wäre noch mehr hochgekocht, als es ohnehin schon der Fall war. Andererseits dürfte sich das für Cakir dann wohl wie ein normales Spiel am Wochenende anfühlen. Der Mann pfeift immerhin regelmäßig die Istanbuler Derbys in der türkischen Süper Lig…

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11.05.2017 21:34


Viktorvfb


VfB Stuttgart-FanVfB Stuttgart-Fan


Mitglied seit: 27.04.2017

Aktivität:
Beiträge: 11

@DonkeyShot

Zitat von DonkeyShot
Tatsächlich war die SR-Leistung gestern eine der besten, die ich seit sehr langer Zeit (v.a. CL inbegriffen) gesehen habe!


Da stimme ich dir absolut zu. Ich fand ihn persönlich etwas zu gütig in der ersten halben Stunde aber er hat die Linie gut durch das ganze Spiel geführt. Hat sehr souverän auf das Reklamieren reagiert (oder eben gar nicht reagiert) und sich gegen Ende der zweiten Halbzeit besonders souverän gegenüber Ronaldos Reklamationen gezeigt. Ich würde ihm eine glatte 1 geben.


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11.05.2017 17:50


DonkeyShot


1860 München-Fan1860 München-Fan


Mitglied seit: 15.02.2015

Aktivität:
Beiträge: 454

Tatsächlich war die SR-Leistung gestern eine der besten, die ich seit sehr langer Zeit (v.a. CL inbegriffen) gesehen habe!


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