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03.03.2016 11:09 Uhr | Quelle: WahreTabelle

Schiedsrichterball: Schwarz - Grau - Weiß

Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle das Regelwerk und strittige Fußball-Szenen. 

Johannes Gründel
Johannes Gründel
Rudy / Sippel
Quelle: Imago Sportfoto
Rot für Hoffenheims Sebastian Rudy (l.) - eine zu harte Entscheidung von Schiedsrichter Peter Sippel (r.) im Spiel bei Borussia Dortmund (mit Henrikh Mkhitaryan, m.)?

Johannes Gründel
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Eine äußerst lehrreiche Szene gab es am vergangenen Sonntag beim Spiel zwischen dem BVB und Hoffenheim (3:1): Sebastian Rudy wollte den Konter der Dortmunder stoppen und grätschte dabei Pierre-Emerick Aubameyang von hinten um. Dabei traf er den Gabuner jedoch nicht an der Ferse, sondern grätschte mit seinem Fuß an Aubameyangs Bein vorbei und brachte ihn dadurch von vorne zu Fall. Schiedsrichter Peter Sippel stellte ihn deshalb mit Rot vom Platz und lag damit nicht falsch. Allerdings wäre er auch mit einer Gelben Karte nicht falsch gelegen. Und genau das ist, was man aus dieser Szene lernen kann: Es gibt nicht immer nur Schwarz und Weiß, sondern einen breiten Graubereich.

Bei dieser Szene gab es Argumente für beide Perspektiven. Für die Rote Karte spricht die Grätsche von hinten. Diese ist schon deshalb erhöht gefährlich, weil der Gegenspieler in der Regel nicht mit ihr rechnet und sie auch nicht kommen sieht. Deshalb kann er ihr – beispielsweise durch Hochspringen – nicht ausweichen, sondern ist der Zielbereitschaft und –fähigkeit des foulenden Spielers auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Deshalb wurde im Jahr 1998 von der FIFA eine Anweisung an die Schiedsrichter ausgegeben, nach der alle Grätschen von hinten zwingend mit Rot zu ahnden sind. Diese Anweisung wurde nie öffentlich aufgehoben, jedoch schrittweise in der Praxis aufgeweicht. Es bleibt jedoch weiterhin dabei, dass eine Grätsche von hinten im Regelfall mit Rot zu bestrafen ist.

Ein weiteres Argument für Rot ist die Tatsache, dass Rudy bei seinem Einsteigen keine Chance auf den Ball hatte. Das lässt die Grätsche in die Nähe einer Tätlichkeit rücken. Klar, beim Begriff „Tätlichkeit“ denkt man zuerst an Nachschlagen oder Treten und nicht an eine Grätsche. Doch auch eine Grätsche kann eine Tätlichkeit darstellen. Eine Tätlichkeit zeichnet sich nämlich vor allem dadurch aus, dass sie ohne Ballbezug geschieht. Hier ist der Ball noch in der unmittelbaren Nähe, weshalb das Sportgericht wohl auch nicht wegen einer Tätlichkeit, sondern wegen rohen Spiels bestraft hat. Jedoch hatte Rudy keine Chance auf den Ball. Dieser Faktor spricht ebenfalls für Rot und hat wohl auch verhindert, dass der Hoffenheimer trotz der niedrigen Intensität des Einsteigens nicht mit der Mindeststrafe von zwei Spielen, sondern mit drei Spielen Sperre belegt wurde.

Eben diese niedrige Intensität ist ein Argument für die Gelbe Karte. Der konkrete Kontakt war eher nicht gesundheitsgefährdend, kam er doch von vorne und war nicht mehr als ein Stolpern-Lassen. Das ist in der Originalgeschwindigkeit natürlich schwer zu erkennen. Dieser Faktor darf bei der objektiven Bewertung der Szene aber keine Rolle spielen. Normalerweise sind die Schiedsrichter bei der Bewertung eines Fouls angehalten, auf den konkreten Treffer abzustellen. Das spricht dann für eine Gelbe Karte. In einer Grätsche von hinten liegt aber immer die oben beschriebene Gefahr für den Gegenspieler. Deshalb gilt diese Anweisung nicht in ihrer Pauschalität für die Grätschen von hinten.

Beidseitig lassen sich Argumente finden. Das ist etwas, was für viele Situationen im Fußball gilt: Es gibt kein „Richtig“ oder „Falsch“, sondern einen weiten Graubereich, der im Ermessen des Schiedsrichters liegt. Da spielen dann Faktoren wie die Linie des Schiedsrichters, die Stimmung im Spiel oder die Vorbelastung des Spielers innerhalb des Spiels eine Rolle. Diese Grauzonen werden in der Öffentlichkeit leider zu selten als solche wahrgenommen, weil Medien wie Fans anstelle des Ermessens des Schiedsrichters ihr eigenes setzen. Damit tut man den Männern in Schwarz, die auch noch keine Zeitlupe zur Verfügung haben, jedoch Unrecht, was ihre Aufgaben erschwert – nicht nur im Profibereich, sondern noch viel mehr im Amateurbereich.

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Bei dieser Szene gab es Argumente für beide Perspektiven. Für die Rote Karte spricht die Grätsche von hinten. Diese ist schon deshalb erhöht gefährlich, weil der Gegenspieler in der Regel nicht mit ihr rechnet und sie auch nicht kommen sieht. Deshalb kann er ihr – beispielsweise durch Hochspringen – nicht ausweichen, sondern ist der Zielbereitschaft und –fähigkeit des foulenden Spielers auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Deshalb wurde im Jahr 1998 von der FIFA eine Anweisung an die Schiedsrichter ausgegeben, nach der alle Grätschen von hinten zwingend mit Rot zu ahnden sind. Diese Anweisung wurde nie öffentlich aufgehoben, jedoch schrittweise in der Praxis aufgeweicht. Es bleibt jedoch weiterhin dabei, dass eine Grätsche von hinten im Regelfall mit Rot zu bestrafen ist.

Ein weiteres Argument für Rot ist die Tatsache, dass Rudy bei seinem Einsteigen keine Chance auf den Ball hatte. Das lässt die Grätsche in die Nähe einer Tätlichkeit rücken. Klar, beim Begriff „Tätlichkeit“ denkt man zuerst an Nachschlagen oder Treten und nicht an eine Grätsche. Doch auch eine Grätsche kann eine Tätlichkeit darstellen. Eine Tätlichkeit zeichnet sich nämlich vor allem dadurch aus, dass sie ohne Ballbezug geschieht. Hier ist der Ball noch in der unmittelbaren Nähe, weshalb das Sportgericht wohl auch nicht wegen einer Tätlichkeit, sondern wegen rohen Spiels bestraft hat. Jedoch hatte Rudy keine Chance auf den Ball. Dieser Faktor spricht ebenfalls für Rot und hat wohl auch verhindert, dass der Hoffenheimer trotz der niedrigen Intensität des Einsteigens nicht mit der Mindeststrafe von zwei Spielen, sondern mit drei Spielen Sperre belegt wurde.

Eben diese niedrige Intensität ist ein Argument für die Gelbe Karte. Der konkrete Kontakt war eher nicht gesundheitsgefährdend, kam er doch von vorne und war nicht mehr als ein Stolpern-Lassen. Das ist in der Originalgeschwindigkeit natürlich schwer zu erkennen. Dieser Faktor darf bei der objektiven Bewertung der Szene aber keine Rolle spielen. Normalerweise sind die Schiedsrichter bei der Bewertung eines Fouls angehalten, auf den konkreten Treffer abzustellen. Das spricht dann für eine Gelbe Karte. In einer Grätsche von hinten liegt aber immer die oben beschriebene Gefahr für den Gegenspieler. Deshalb gilt diese Anweisung nicht in ihrer Pauschalität für die Grätschen von hinten.

Beidseitig lassen sich Argumente finden. Das ist etwas, was für viele Situationen im Fußball gilt: Es gibt kein „Richtig“ oder „Falsch“, sondern einen weiten Graubereich, der im Ermessen des Schiedsrichters liegt. Da spielen dann Faktoren wie die Linie des Schiedsrichters, die Stimmung im Spiel oder die Vorbelastung des Spielers innerhalb des Spiels eine Rolle. Diese Grauzonen werden in der Öffentlichkeit leider zu selten als solche wahrgenommen, weil Medien wie Fans anstelle des Ermessens des Schiedsrichters ihr eigenes setzen. Damit tut man den Männern in Schwarz, die auch noch keine Zeitlupe zur Verfügung haben, jedoch Unrecht, was ihre Aufgaben erschwert – nicht nur im Profibereich, sondern noch viel mehr im Amateurbereich.

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03.03.2016 16:28


napfekarl


1899 Hoffenheim-Fan1899 Hoffenheim-Fan


Mitglied seit: 30.10.2013

Aktivität:
Beiträge: 77

Rot für Rudy

Es sollte Ziel das Ziel der FIFA/der DFL/des DFB sein, den Ermessensspielraum der Schiedsrichter so weit als möglich einzuschränken. Nur so ist gewährleistet, dass ein Schiedsrichter erst gar nicht unter Manipulations-Verdacht gerät. Die Torlinientechnik ist hierfür ein Schritt in die richtige Richtung. Hoffen wir nun auf den baldigen Einsatz des Videobeweises und eine Vereinfachung der Regeln.



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